Die Jury des Deutschen Wirtschaftsbuchpreises wählt das Wirtschaftsbuch des Jahres (auf der Frankfurter Buchmesse), und auch die Financial Times vergibt (zusammen mit McKinsey) den «Business Book of the Year Award» (Anfang November). Auf der Shortlist der Financial Times ist das Buch von Ellen Pao, welche die Diskussion um Geschlechterdiskriminierung im Silicon Valley ins Rollen gebracht hat. Dazu hat auch die Schweizerin Iris Bohnet etwas zu sagen. Sie war letztes Jahr für den FT-Preis nominiert, und ihr Buch ist jetzt auf Deutsch erschienen. Auf der Liste des Handelsblatts ist u.a. das Buch des FAS-Wirtschaftschefs Rainer Hank zum Thema Macht. Abseits der Bestenlisten gibt es weitere empfehlenswerte Lektüre, die gut zu Bohnet und Hank passen und um die grossen Fragen von Macht, Freiheit und Kontrolle kreisen.
Iris Bohnet: What works. Wie Verhaltensdesign die Gleichstellung revolutionieren kann
Bohnet macht ein grosses Versprechen: «Wir können heute die Kompassnadel in Richtung einer gerechteren und besseren Welt verschieben. Jetzt ist es an Ihnen.“ Der Schlüssel zu dieser gerechteren und besseren Welt sind für Iris Bohnet, die in Boston lehrt und Mitglied des Verwaltungsrats der Credit Suisse ist, Entscheidungsprozesse, die so gestaltet sind, dass die blinden Flecken der Entscheider und Entscheiderinnen systematisch ausgeblendet werden; beispielsweise Bewerbungsverfahren ohne Offenlegung des Geschlechts. Tatsächlich der Ungleichheit Ende? Wo bleibt denn die Frage nach den Machtverhältnissen, die ungleiche Strukturen reproduzieren und den mächtigeren Entscheidern dienen?
Mehr darüber und über dieses Buch auch am 26. Oktober in der Sendung Kontext/ Sachbuchquartett auf SRF2, in der ich zwei Mal im Jahr eine Neuerscheinung aus Wirtschaft und Gesellschaft vorstelle.
Verlag: C.H.Beck
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Rainer Hank: Lob der Macht
Beim Thema Macht hat Rainer Hank wenigstens keinen blinden Fleck. Im Gegenteil: er beschreibt sie in all ihren vormodernen und modernen Spiel- und Erscheinungsformen, von Karl V. bis Donald Trump, von der Machtfülle und der Machtlosigkeit von Managern bis zur Allmacht der Götter, von Ideologien und der Macht von Ideen bis zur Macht des Geldes. Die Begründung, weshalb er dies tut, ist nachvollziehbar: das Wiedererwachen und Erstarken des (aussenpolitischen) Realismus lässt uns die Macht, Machtgehabe und Machtansprüche mit all ihren Folgen wieder deutlich spüren. Manche sind sogar davon fasziniert. Dass solches Benennen und Beschreiben, wie der Klappentext und zeitweilig auch Hank selber behaupten, eine Tat der Enttabuisierung ist, ist eher bemühend. Und am Ende bleibt Hank an der Oberfläche der Erscheinungsformen von Macht kleben. Immerhin tut er das unterhaltend.
Verlag: Klett-Cotta
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Markus Metz/Georg Seesslen: Freiheit und Kontrolle. Die Geschichte des nicht zu Ende befreiten Sklaven
Oberflächlichkeit kann man dem Essay des Autoren-Duos Metz/Seesslen nicht vorwerfen. Dies ist ein dialektisch angelegter Parcours – ja: zum Thema Macht. «Macht» so verstanden, dass es wirksames – auch eigenwirksames Handeln gar nicht gibt ohne die Spannung zwischen Freiheit und Kontrolle, also ohne dass die Machtfrage ins Spiel kommt. Eine zuweilen schwierige philosophische aber immer anregende Lektüre.
Verlag: edition suhrkamp
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Ulrich Bröckling: Gute Hirten führen sanft. Über Menschenführungskünste
Das beste Wirtschaftsbuch dieses Herbstes kommt für mich von Ulrich Bröckling, Professor für Kultursoziologie an der Universität Freiburg. Schon in seinem letzten Werk analysierte er aus soziologischer Perspektive die Mechanismen der subtilen «Zurichtung» des Individuums in der postindustriellen Gesellschaft. Bröcklings neues Buch widmet sich den «sanften» Steuerungsformen in Wirtschaft und Gesellschaft (Prävention, Nudging, Feedback, Kontraktpädagogik), dem Diskurs über das Steuerung und deren Versagen («Planung») sowie den (Selbst-) Beschreibungen und der Analyse des ökonomisierten Selbst (z.B. im Kapitel über Burnout). Was das bringt? Neben viel Lesevergnügen die Möglichkeit, uns selber als Subjekte, aber auch Objekte der Steuerung mit kritischer Distanz besser wahr- und ernst zu nehmen.
Verlag: suhrkamp taschenbuch wissenschaft